Neue Klangmuster – The Hirsch Effekt

the hirsch effekt - holon:hibernoEs ist unglaublich, was The Hirsch Effekt in ihrem Album „Holon : Hiberno“ untergebracht haben. Ich falle jetzt mal mit der Tür ins Haus, machen die Jungs schließlich auch. Jeder Song ist irgendwie anders und birgt ein neues Genre, eine neue Assoziation, ein neues Instrument, einen neuen Vergleich zu einer anderen Band. Nein, eigentlich sind nicht nur die einzelnen Songs untereinander heterogen. Im Verlauf eines Songs kann sich dieser zu etwas völlig Neuartigem entwickeln, überraschen und in die Magenkuhle treten. Dabei ist das Album insgesamt doch homogen und in sich stimmig, es lässt teilweise klare Strukturen erkennen und überrascht ab und an durch eingängige Melodien. Die Rhythmus- und Tempowechsel sind absolut begnadet. Chöre, Bläser, Streicher und elektronische Bleebs kompletieren das Ganze. Wie mag man dieses Monster sonst noch beschreiben? Soviel lässt sich sagen: es gibt viel Punk, Indie-Rock, Post-Rock, Elektro, Progessiv-Rock und meinetwegen auch Metal zu hören. Alle Schubladen sind geöffnet und von allem wird etwas dazugepackt. Hier wird sich nicht festgelegt.
Beim ersten Durchhören von „Holon : Hiberno“ wollte ich den Jungs noch ans Herz legen, dass sie es nicht übertreiben sollen. Irgendwie durchschlich mich das Gefühl, dass es einfach zu sehr gewollt war sich abzuheben, sich nicht in eine Schublade packen lassen zu wollen, wobei dadurch meiner Ansicht bei großem Potential teils zu übertriebene Songs entstanden. Mittlerweile habe ich mir das Debut der Hannoveraner noch das ein oder andere mal zu Gemüte geführt und entdecke bei jedem Hören ein weiteres neues großartiges Detail. Wenn The Hirsch Effekt plötzlich so richtig explodieren, laut werden und Krach machen, müssen nur noch meine Nachbarn leiden. Nach meiner anfänglichen Skepsis finde ich, dass auch diese Parts mit zum Album dazugehören.
Meine erste Assoziation, die mich im Song EPISTEL/ CALMO überkam, war übrigens Angelika Express – besonders aufgrund der deutschen und teilweise dahingerotzten Texte. The Hirsch Effekt sind jedoch deutlich vielschichtiger. In den angrenzenden Songs VIGOROSO und NEX zeigen Sie sofort, dass sie neben ruhig auch ganz anders können und verstören den Hörer vollends. Wer jetzt noch weiter hört, beweist Mut und meinen Respekt und wird dafür entsprechend belohnt, zum Beispiel mit großartigen Übergängen, den einzeln benannten INTERVALLI. Der erste Abschnitt des Albums endet gefühlt nach ZOETROP. Das anschließende LENTEVELT erinnert anfangs stark an The Notwist, dann plötzlich ist es KLEZ.E und hat das nicht ein klein wenig von Dredg? So könnte ich ewig weiter machen…
Und dann dazu diese teils verstörenden Texte: „Und Antworten spart man sich, das Nichtfunktionieren des Pulsmessers, das einfach viel zu stumpf ist, wir werden uns morgen also wiedersehen.“ Das liest sich furchtbar, hört sich aber im Song einmalig gut an.
Als dann die Streicher in LAXAMANETUM/ ASSORTO einsetzen, ist es um mich geschehen. Besonders hervorheben muss ich auch noch EPITAPH/ MENO, schon allein aufgrund der ersten Sekunden, die an Indie-Rock-Größen erinnern. Das Album lohnt sich allein aufgrund dieser zahlreichen kleinen Momente, die wie Perlen herausstechen. The Hirsch Effekt erzeugen dabei so dermaßen großartige Stimmungen und jagen uns in den 57 Minuten durch verloren geglaubte Gefühlslandschaften: von glückselig bis tode betrübt, von hoffnungsvoll bis furchtbar wütend, von emotional berührt bis angewidert – und das innerhalb von Sekunden wohlgemerkt. Einen grandiosen Abschluss bildet MAESTOSO, mit den in den letzten Sekunden choral intonierte Worten „Siehst du nicht, dass sie uns gar nichts anhaben können, wenn wir wollen“, was mich mit einer Gänsehaut zurücklässt. Nochmal? Oh ja, gern! Ich brauche noch einige Hörgänge, um die gesamte Geschichte zu erfassen.
Gerade habe ich noch den folgenden Auftritt der Band bei BalconyTV in Hamburg gefunden, der euch einen ersten Eindruck vermitteln kann:

Und wer an der wissenschaftlichen Erläuterung zum Namensgeber der Band interessiert ist, findet einen erläuternden Ansatz inklusive einer weiteren Rezension zum Album auf Schallgrenzen.

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kurz und klangvoll – Kashmir „Stillboy“

Zum wunderschönen Pop-Song „Still Boy“ aus dem am 05.03. erschienenen sechsten Studio-Album „Trespassers“ der Dänen von Kashmir wurde ein bezauberndes, trauriges Video abgedreht, das perfekt auf den Song abgestimmt ist. So hält der Song zur vierten Minute hin etwas inne, was auch im Video entsprechend umgesetzt wurde und einem dem Atem nimmt. Mit dem abschließenden Aufleben und Aufbäumen findet sowohl der Song als auch die Story ihr Ende…

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Neue Klangmuster – Unknown Connection Failure

Ärgerlicherweiser sind mir sämtliche im Urlaub angefertigten Notizen zu Rezensionen abhanden gekommen. Bevor ich auf ein Wunder hoffe, hab ich mich nun dazu entschieden nicht länger abzuwarten und neu drauflos zu schreiben. Die Quintessenz wird hoffentlich bleiben, obwohl ich mich merkwürdigerweise gerade an keinen zusammenhängenden Satz erinnern kann. Dies soll an dieser Stelle jedoch nicht weiter interessieren. Viel wichtiger ist die Musik, die im Kopf hängen bleiben muss.
Unknown Connection Failure Bei Unknown Connection Failure bleibt mir vor allem in Erinnerung, dass es sich beim Album „Arms to work, legs to run“ um einen einzigen nahezu 30-minütigen Song handelt, der einem geradezu anhält ihn bis zum Ende zu verfolgen. Nein, da kann man nicht mittdrin aufhören. Da entsteht eine Spannung, ein Aufbäumen, wieder ein Abflachen, wie geht es weiter, man möchte es wissen, das Finale miterleben, die Höhen und Tiefen, von laut über leise, von knisterndem Rauschen bis hin zu Gitarrenwänden, sich langsam aufbauenden Rhythmen und Melodien, eingebauten Samples, die uns berichten „…this is no fantasy“, wobei es sich doch anfühlt wie Fantasie, wie Magie, von der man magisch in den Bann gezogen wird – in einen nicht enden wollenden Satz, der schlussendlich irgendwann doch zuende geführt werden muss.
In letzter Zeit habe ich sehr viel aus dem Genre Post-Rock gehört und nein, Peter von Schallgrenzen hat Recht, hier wird nichts neu erfunden, kein grandiosen Meisterwerk mit neuen Stilmitteln erschaffen, aber ein aller ehrenwertes Debüt! Man kann den 28-Minüter sehr genießen und seinen Spaß darin finden. Gerade als Lokalpatriot möchte ich den fünf Post-Rockern aus Hamburg daher meinen Tribut zollen – und auch euch bitten dies zu tun. Die Gelegenheit dazu bietet sich z.B. bei ihrem Auftritt am 31.03. im Hamburger Haus 73.

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„The Broken“ entspringt dem Album „Year Of The Black Rainbow“, das am 9. April erscheint und die Sciencefiction-Saga von Coheed and Cambria ergänzt. Hierbei handelt es sich anscheinend um das Prequel und erzählt somit die Vorgeschichte der „Amory Wars“. Krieg gibt es schon mal ausreichend im Video und der Song besticht wie gewohnt durch naturgewaltigen Progressive Rock mit starken griffigen Melodien und der durchdringenden Stimme von Claudio Sanchez. Hoffen wir mal, dass die Veröffentlichung nicht das gleiche Schicksal ereilt wie die umstrittenen Episoden Star Wars I-III und eine passende Ergänzung zum bisherigen Schaffenswerk darstellt.

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Wer hätte das gedacht, sinniert auch das tape.tv-Team. Darauf kommt man nicht sofort. Hinter diesem Duo stecken Berliner. Nach kurzer Recherche scheint der vorliegende Song „The Punisher“ dabei jedoch etwas Besonderes im Repertoire von Lonski & Classen darzustellen. Der kraftvolle Gesang wird hier zum zentralen Element, während die Herren Lonski und Classen ansonsten durch ihre mathematische Genauigkeit, aufbauende Instrumentalkompositionen und loopbasierten Post-Rock brillieren können. Von fragilen Klanggebilden und von leisem Gesang ist die Rede. Dies gilt es noch selbst herauszuhören und zu verifizieren.

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Immergut – der Film

Im Grunde des Herzens bin ich immernoch das kleine Indie-Mädchen. Jetzt ist mir wieder klar geworden, wieso ich dies die ganzen Jahre über war. Es hat viel mit Prägung und Sozialisierung zu tun und meine Jugend wurde u.a. vom alljährlichen Immergut Festival geprägt. Viel gab es bei uns nicht und da stürzte man sich auf alles, was man bekommen konnte. Da kam das Immergut in Neustrelitz gerade recht und brachte mich einigen Bands näher. Es seien nur folgende Namen genannt: Pale (unvergessen der Abschiedsauftritt letztes Jahr), Blackmail, The Soundtrack of our Lives, Klez.e, Tiger Lou, Malajube und nicht zu vergessen die gesamte Hamburger Schule Bagage. Beim kurzen Recherchieren nach Bands vergangener Tage, musste ich gerade feststellen, dass mir damals sogar einige Highlights, die ich heute sehr zu schätzen weiß, entgangen sind. Dazu gehören: Midlake, Okkervil River, Gregor Samsa, Olafur Arnalds. Die waren tatsächlich da und ich hab es nicht wahrgenommen?
Nun gut, letztes Jahr feierte das Immergut dann tatsächlich bereits sein zehnjähriges Bestehen und auch ich lies es mir nicht nehmen diesen Anlass in Neustrelitz mitzufeiern, vielleicht das letzte mal Immergut für mich. Eine Dekade geht zu Ende… Obwohl nicht zu verachten ist, welche ersten netten Highlights für dieses Jahr schon bestätigt wurden (Tokyo Police Club, Efterklang, Bonaparte).
Eigentlich wollte ich mit diesem Beitrag aber auch nur folgendes mitteilen: Es wurde ein Film zum zehnjährigen Jubiläum des Festivals gedreht (Regisseurs: Hagen Decker), der endlich in die Kinos kommt. Anbei einer der beiden kurzen Trailer, die es bisher zu sehen gibt. Da werden Erinnerungen wach…

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Streicher, Trompeten und Pauken aus UK? Fehlanzeige! Manchester Orchestra führen uns auf eine falsche Fährte. In Wirklichkeit stammt das Quintett aus Atlanta und kann vor allem eines: Rocken. Dabei jetzt nicht von den Anfangstönen des Songs „I’ve got friends“ verwirren lassen. Die schroffen Gitarrenriffs zeigen sich sehr bald, wobei die eingängige Melodie ebenfalls einen wichtigen Bestandteil bildet. Der ein oder andere mag hier gern das böse Wort „Emo“ in den Mund nehmen. Vielleicht kann man eher von einer Verbindung aus Emo und Grunge sprechen. Erst leise, dann scheppernd und laut und sehr rifforientiert.

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Neue Klangmuster – Liars

Lügen mögen mich Strafen, aber die Liars waren mir bisher unbekannt. Diese Noise-Rock-Weirdos sind irgendwie an mir vorübergegangen. Das könnte daran liegen, dass sie keine einfache Kost für die Ohren liefern und Musik an der Grenze zwischen Kunst und Wahnsinn bieten. Nicht, dass ich experimenteller Musik gegenüber nicht offen wäre. Die teilweise als unhörbar eingestuften ersten Alben der von Sänger Angus Andrew und Gitarrist Aaron Hemphill in New York gegründeten Liars haben jedoch nicht den Weg zu mir gefunden. Es ist zu lesen, dass sie z.B. mit „They Were Wrong, So We Drowned“ Leib und Seele der Zuhörer verstören. Auf Pitchfork wurde gar der Begriff „sadistisch“ zur Beschreibung der Musik herangezogen. Hierbei handelt es sich übrigens um ein Konzeptalbum, dessen Thema Hexen bzw. die Walpurgisnacht ist.
Im Verlauf ihrer Karriere wenden sie sich nun anscheinend immer mehr dem Wahnsinn ab. Mit dem dritten Album „Drum’s Not Dead“ wurde ihnen bereits bescheinigt gleichzeitig experimenteller aber auch zugänglicher zu werden. Jetzt können wir uns auf das am 5. März erscheinende fünfte Album „Sisterworld“ freuen bzw. ich freue mich die Band überhaupt erst kennenzulernen.

Den Anstoss dazu hat übrigens das Video zu „Scissors“ gegeben, welches mich restlos begeistert hat.
Zunächst einmal ist zu erwähnen, dass das von Andy Bruntel gedrehte Video großartig ist und in einen Albtraum auf See entführt. Die plätschernde Ruhe und das helle Tageslicht täuschen uns am Anfang auf groteske Art und Weise eine Idylle vor, die jedoch nach einiger Zeit zerstört wird. Dies gilt ebenfalls für den Song. Der balladeske Charakter mit meditativer Wirkung wird ab der zweiten Minute von eruptiven Ausbrüchen „zerstört“. Im Zusammenspiel mit dem Video entsteht ein großartiges Werk, welches nebenbei bemerkt ebenfalls als mp3-Download zur Verfügung steht.

Wen ich jetzt von der Band begeistern konnte, wird sich freuen, dass die Liars auch bald auf Tour gehen. Von den Herren verspreche ich mir eine aufregende Live-Show. In Hamburg sind sie am 22.5. im Indra zu sehen.

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Da mir bisher noch nicht das neue Album „The big black and the blue“ vorliegt, kann ich nicht viel zum neuen Sound des schwedischen Zwillingspaars First Aid Kit sagen. Nur soviel, dass sie vermutlich ihrem Stil treu geblieben sind, nichts neu erfinden, aber dennoch weiterhin sehr gefühlvolle Songs schreiben. Wie folgendes Video zu „I met up with the king“ zeigt.

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Neue Klangmuster – The Morning Benders

Aufgrund des bedeutungsschwangeren Datums will ich heute mal auf etwas seichtere Töne verweisen und lande beim Indie-Pop. Dieses Genre wird derzeit kaum besser verkörpert als von den aufstrebenden The Morning Benders. Zuckersüße unheimlich leicht zugängliche Pop-Melodien mit einem überschwenglichen Gesang und rumpeligen Schlagzeug bieten die Jungs aus San Fransisco. Quasi schon fast zu weichgespült. Allerdings haben sie mich mit ihrem Live-Video zu „Excuses“ aus ihrem am 09. März erscheinenden Album „Big Echo“ überzeugt. Zusammen mit zahlreichen befreundeten Bandkollegen (Chris from Girls, Vanderslice, ex-Rogue Wave/Port O’Brien…) streben The Morning Benders und das Big Echo Orchestra dort Phil Spector’s „Wall of Sound“ nach und präsentieren eine unheimliche tolle Live-Version des Songs. Dabei setzen sie auf die Wirkung einer Vielzahl an Gitarren, Drums und Streichern, die unisono spielen und Chorgesänge, die sich zu fantastischen Harmonien aufbauen.

(via We All Want Someone To Shout For)

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